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Rückblick auf die Jahresfachtagung: Männergewaltschutz & Gesundheit

5. Juni 2025

Zur diesjährigen Jahresfachtagung zum Thema „Häusliche Gewalt und Gesundheit – Männer im Fokus“ lud die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) ins Kesselhaus Herzberge nach Berlin ein.

Bereits am Vormittag trafen sich die Vertreter*innen der Männerschutzeinrichtungen zum Netzwerktreffen, bei dem auch ein neues Mitglied begrüßt wurde: Das Männerbüro Hannover ist ab sofort im Netzwerk vertreten, da voraussichtlich ab August 2025 eine Schutzwohnung in Hannover startet, finanziert vom niedersächsischen Ministerium, der Region und der Stadt Hannover als Modellprojekt.

Aus dem gesamten Bundesgebiet reisten Fachkräfte und Expert*innen an, um sich über aktuelle Entwicklungen im Männergewaltschutz zu informieren und sich fachlich auszutauschen.

Den Auftakt der Veranstaltung bildeten die Grußworte. Cansel Kiziltepe, Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung in Berlin, hob die Wichtigkeit hervor, Männer und Fachkräfte aus verschiedenen Professionen für das Thema zu sensibilisieren. Sie bekräftigte, dass auch Berlin Gewalt gegen Männer ernst nimmt und das Thema gemeinsam voranbringen möchte.

Anschließend richtete Sibylle Knapp, Leiterin der Unterabteilung 41 im Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, ihre Worte an die Teilnehmenden. Sie betonte die Notwendigkeit, das äußerst sensible Thema Gewalt gegen Männer konsequent zu bearbeiten und bestehende Rollenbilder zu hinterfragen, die Männer daran hindern, sich Hilfe zu suchen. Knapp dankte dabei der BFKM für die engagierte Arbeit und verwies noch einmal auf tradierte Rollenbilder, die Männer daran hindern, sich Hilfe zu suchen. Knapp unterstrich die Bedeutung eines vernetzten Hilfesystems verschiedener Professionen, das zum Gelingen von Prävention beitragen kann.

Den inhaltlichen Einstieg übernahm Dr. med. Verena Kolbe von der Gewaltopferambulanz Rostock mit ihrer Keynote „Klinische Rechtsmedizin – Vorstellung der Gewaltopferambulanz Rostock“. Sie stellte die Arbeit der Ambulanz allgemein und speziell im Kontext häuslicher Gewalt vor und machte deutlich, warum es auch im medizinischen Bereich einen genaueren Blick auf männliche Betroffene braucht.

Beim anschließenden Markt der Möglichkeiten nutzten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich mit Akteuren aus dem Männergewaltschutz zu vernetzen, Projekte kennenzulernen und fachliche Impulse mitzunehmen.

Ein kultureller Höhepunkt war der Auftritt der Berliner Improtheatergruppe „Die Improvisionäre“, die den ersten Veranstaltungstag mit einem kurzweiligen Beitrag abrundete und den Abend einleitete. Dieser stand im Zeichen des Abschieds: Frank Scheinert, langjähriger Kollege und Initiator des bundesweiten Männergewaltschutzes, wurde in den wohlverdienten (Un-)Ruhestand verabschiedet. Mit emotionalen Worten dankten ihm zahlreiche Kooperationspartner*innen für sein Engagement. Vor 10 Jahren initiierte er das erste Netzwerktreffen und legte damit den Grundstein für die heutigen Schutzwohnungen. Wir danken ihm herzlich für seine Pionierarbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.


Video zum ersten Tag der Jahresfachtagung

Der zweite Tag der Fachtagung war geprägt von drei kurzweiligen, inhaltlich dichten Vorträgen:

Prof. Dr. phil. Martin Dinges eröffnete mit seiner Keynote „Gewalterfahrungen von Jungen und Männern und die Folgen für ihre Gesundheit“. Er verdeutlichte, wie wichtig es ist, männliche Betroffenheit sichtbarer zu machen, da ohne öffentlichen Diskurs Betroffene unsichtbar bleiben und Probleme verdrängt werden. Dinges betonte die gesellschaftliche Tendenz, männliche Gewalterfahrungen zu bagatellisieren oder zu normalisieren, und forderte einen Perspektivwechsel im Diskurs.

Die dritte Keynote hielt Michael Diemer zum Thema Traumafachberatung. Er erläuterte eindrucksvoll die Entstehung und Folgen von Traumata und stellte einen wichtigen Bezug zu geschlechterspezifischem Kompensationsverhalten her. Diemer machte deutlich, dass gesellschaftliche Erwartungen an Männlichkeit das Erkennen und Behandeln von Traumata bei Männern oft erschweren. Er betonte die Notwendigkeit traumasensibler Angebote, die typische männliche Bewältigungsstrategien wie Rückzug, Aggression oder Substanzmissbrauch berücksichtigen und niedrigschwellige Zugänge schaffen.

Im Anschluss daran stellte Clemens Göhler von der BFKM den aktuellen Stand zum Gewalthilfegesetz vor. Unter dem Titel „Gewalthilfegesetz & Männergesundheit – Zeit für ein Update? Kritik, Forderungen & Chancen für alle Geschlechter“ analysierte er die Entstehung und derzeitige Umsetzung des Gesetzes. Göhler machte deutlich, dass die aktuellen Regelungen den europäischen Vorgaben der EU-Gewaltschutzrichtlinie nicht entsprechen, da sie Schutz und Beratung für alle Betroffenen häuslicher Gewalt – unabhängig vom Geschlecht – gewährleisten müssten. In der derzeitigen Form wirft das Gewalthilfegesetz verfassungsrechtliche Bedenken auf und bedarf dringend einer Überarbeitung.

Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion, in der offene Fragen diskutiert und verschiedene Perspektiven zusammengeführt wurden.


Video zum zweiten Tag der Jahresfachtagung

Fazit

Zwei intensive und erkenntnisreiche Tage gingen viel zu schnell vorbei. Die Jahresfachtagung hat einmal mehr gezeigt, wie groß der Bedarf an fachlichem Austausch und politischem Dialog zum Thema Gewalt gegen Männer ist. Die Veranstaltung bot wichtige Impulse für eine geschlechtersensible und traumasensible Praxis sowie für die dringend notwendige Weiterentwicklung des Gewalthilfegesetzes. Die BFKM wird die gewonnenen Erkenntnisse und Forderungen in die laufende politische Arbeit und Netzwerkarbeit einfließen lassen.

Wir danken allen Vortragenden, Teilnehmenden und Kooperationspartner*innen für die wertvollen Beiträge und freuen uns auf den weiteren Austausch und das gemeinsame Engagement für ein gewaltfreies Miteinander aller Geschlechter.

 

* Wie wir gendern


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